


Lateinamerika-Tag 2019
Am 8. und 9. Oktober 2019 lud der Lateinamerika Verein e.V. gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main und unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministerpräsidenten, Volker Bouffier, zum 70. Lateinamerika-Tag nach Frankfurt ein.
Der Vorabendempfang auf Einadung der Santander
Die Santander Consumer Bank AG lud mehr als 200 Konferenzteilnehmer bereits am 7. Oktober zum Vorabendempfang in die Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main, um neue Kontakte zu knüpfen und alte Bekannte wiederzusehen.
Dienstag, 8. Oktober 2019
Alles bleibt anders – die aktuelle Wirtschaftsentwicklung Lateinamerikas
Der erste Konferenztag am 8. Oktober fand unter dem Titel „Alles bleibt anders – die aktuelle lateinamerikanische Wirtschaftsentwicklung“ statt. In seiner Begrüßung betonte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier die Bedeutung des Handels zwischen den Regionen: „Lateinamerika besitzt für die EU insgesamt wie auch für Deutschland eine hohe Bedeutung. Das MERCOSUR-Abkommen bietet für alle beteiligten Parteien eine wichtige Chance. Es eröffnet wirtschaftliche Perspektiven und enthält zugleich ein ambitioniertes Kapitel zur nachhaltigen Entwicklung mit verbindlichen Regelungen zu Arbeit, Umwelt und Klima.“
Die hochrangigen Vertreter lateinamerikanischer Finanzinstitutionen präsentierten als Key-Note-Speaker ihre Sicht auf die lateinamerikanischen Finanzmärkte: Lic. Carlos Gómez, Gerente del Sector Privado der Banco Centroamericano de Integración Económica in Tegucigalpa, Dr. Luc Grillet, Senior Manager der International Finance Cooperation (IFC) in Panama-Stadt und Lic. Javier Guzmán, Deputy Governor der Banco de México in Mexiko-Stadt. Den europäischen Blick auf die lateinamerikanische Wirtschaft fügte Michael Spiegel hinzu, Chairman des Network Banking der Deutschen Bank in Frankfurt am Main. Sie alle machten Aussagen zu den demographischen und makroökonomischen Daten in Lateinamerika. Gemeinsam war allen, dass die Perspektiven und der wirtschaftliche Aufschwung Lateinamerikas positiv zu bewerten seien, trotz Engpässen und Risiken, sowohl in der Region als auch aktuelle makroökonomische Bedingungen der Weltwirtschaft. Moderiert wurde das anschließende Hauptpanel der Konferenz vom LAV-Präsidiumsmitglied Andreas Meier, Chief Investment Officer Europe bei der Lombard International Assurance S.A. in Luxemburg.
In den anschließenden drei parallelen Foren gab es einen interessierten Austausch über die Themen Smart Cities, Maschinenbau und Health Care.
Das erste Forum beschäftigte sich mit Smart Cities - und der aktuellen Entwicklungen in Lateinamerika. Gepusht werden die Projekte zumeist von der Privatwirtschaft und der Bevölkerung. Bei der Planung in Lateinamerika fehlt heute oft noch ein gewisser „langer Atem“. Die benötigte Langfristigkeit der Projekte stößt zudem oft an Grenzen durch politische Gegebenheiten und die Strukturen/Interessen der Verwaltungen.
Im Forum 2 „Wo steht der deutsche Maschinenbau in Lateinamerika?“ skizzierten die Unternehmen auf dem Podium die aktuellen Entwicklungen im Maschinenbausektor skizziert. Themen wie Arbeitssicherheit sind ihrer Meinung nach in den vergangenen Jahren viel wichtiger geworden. Besonders China ist weiterhin ein starker Konkurrent in Lateinamerika - auch wenn die Angebote deutscher Unternehmen im Umfang oft über die der Chinesen hinausgehen. Bei den gesetzlichen Regularien liegt Lateinamerika international im Durchschnitt - gleichwohl gibt es zwischen den einzelnen Ländern der Region große Unterschiede.
Das dritte Forum beschäftigte sich mit dem Thema Healthcare - Chancen und Herausforderungen. Zu Anfang gab es einen informativen Input zum aktuellen Stand der staatlichen Regulierung und Lizenzvergabe für Medical Devices in Brasilien vom ANVISA-Mitarbeiten. Bei der brasilianischen staatlichen Regulierungsbehörde wurden in den letzten Jahren viele Strukturen verschlankt und Anträge werden schneller bearbeitet. Das wurde auch von den teilnehmenden Firmen wie Dräger und Aesculap der Gruppe B.Braun bestätigt. Einen guter Gesamtüberblick für die Region Lateinamerika im Healthcare Sektor wurde durch die Erfahrungen der Unternehmer in den verschiedenen Ländern ergänzt und es herrschte Einigung darüber, dass Ecuador, Kolumbien, Brasilien, Mexico und Chile auch in der Zukunft ein guter Markt für diese Branche seien.
Während der Mittagspause fanden die ersten B2B-Gespräche statt, die der Lateinamerika Verein für die Konferenzteilnehmer organisiert hatte. Mehr als 100 Treffen wurden so in den Tagen und Wochen vor dem LAT bereits verabredet. Diese gezielten Zusammenkünfte sind von allen Teilnehmern sehr gut angenommen worden.
Am Nachmittag gab es eine erfolgreiche Fortsetzung des LAV-Junioren-Programms, das mittlerweile zu einem festen Bestandteil des LAT geworden ist. In diesem Jahr wurde es persönlich: Ausgewählte LAV-Junioren berichteten im Gespräch mit dem kolumbianischen Motivationscoach Simón Cabezas darüber, welche Skills ihrer Meinung nach wichtig für (junge) Führungskräfte sind und welche beruflichen Erfahrungen sie in diesem Zusammenhang gemacht haben.
Beim Galadiner, dem traditionellen Höhepunkt des Lateinamerika-Tages, hielt der Botschafter Ecuadors in Berlin, S.E. Manuel Mejía Dalmau, die Rede des ecuadorianischen Präsidenten S.E. Lenín Moreno, der seine Reise nach Deutschland aufgrund der politischen Unruhen in seinem Land sehr kurzfristig absagen musste.
Trotz der Absage des Präsidenten wurde auch beim diesjährigen Galadiner von knapp 250 Gästen die festliche Gelegenheit wieder einmal genutzt, sich in aufgelockerter Atmosphäre auszutauschen und auch mit den zahlreichen staatlichen Vertretern ins Gespräch zu kommen.
Mittwoch, 9. Oktober 2019
Wirtschaftstag Ecuador & Schlüsselbranchen Lateinamerikas
Der zweite Tag des 70. Lateinamerikatages wurde neben den Begrüßungsrednern mit einer Key-Note von Juan Patricio Navarro, Direktor des Handelsbüro ProEcuador für Frankreich, Belgien und Schweiz des ecuadorianischen Ministeriums für Produktion, Außenhandel, Investitionen und Fischerei in Paris unter dem Motto: Wirtschaftstag Ecuador und Schlüsselbranchen Lateinamerika eröffnet. Im Anschluss wurde im Hauptpanel „Ecuadors wirtschaftliche Öffnung“ unter der Moderation von Dr. Luc Grillet, Senior Manager der International Finance Corporation (IFC) und den Teilnehmern Lizi Christiansen, Geschäftsführerin von Chriwa Wasseraufbereitungstechnik GmbH, Wilfried Meinlschmidt, Präsident der Deutsch-Ecuadorianische Industrie und Handelskammer, Justus Vitinius, Director Corporates Lateinamerika der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft GmbH (DEG) und Juan Patricio Navarro über die aktuelle und zukünftige wirtschaftliche Lage Ecuadors und Möglichkeiten für deutsche Unternehmer im Andenland gesprochen.
Das erste Forum lief unter dem Titel: „Neue Konzepte im Bergbau“. Einig war man sich, dass strengere Regeln und vor allem die Durchsetzung von strengeren Auflagen im Bergbau nicht nur Umwelt und Menschen nützen, sondern auch vorteilhaft für deutsche Unternehmen mit ihren hohen Standards und Qualitätsanspruch sind. Für die Zukunft erwartet man einen stark automatisierten Minensektor mit wenig Personal in den Minen und die deutlich stärkere Nutzung von elektrischen Maschinen und Fahrzeugen, im Idealfall betrieben durch Strom aus Erneuerbare Energien. Stand jetzt existiert die Technologie, wird aber zu einem relativ geringen Grad eingesetzt.
Im zweiten Forum wurde thematisiert, dass der Ausbau der logistischen Infrastruktur ein Schwerpunkt für die lateinamerikanische Region bleibt. Es bleibt eine Branche mit enormem Potential und ganz eigenen Marktumfeld, die unbedingt bearbeitet und in die viel investiert werden muss, da die Infrastruktur ein zentraler Aspekt ist, der die Attraktivität eines Landes für ausländische Investitionen steigert. Die wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen Länder und die Integration der gesamten lateinamerikanischen Region werden von der logistischen Infrastruktur bestimmt.
Das dritte Forum hat sich mit der Zukunft der Energie in Lateinamerika befasst. Erneuerbare und nachhaltige Energien formen ein wichtiges Thema in Lateinamerika, dabei wurde aber besonders das Thema der Netzintegration und eine stärkere regionale Verknüpfung als bedeutend genannt.
Lateinamerika besteht vorwiegend aus „Inselnetzen“, es gibt keine Verbundnetze wie in Europa – Ausnahme Zentralamerika. Der Ausbau der regionalen Vernetzung ist wichtig für Investitionen und kann darüber hinaus zu einer besseren regionalen Zusammenarbeit der Staaten führen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien Lateinamerikaweit bleibt weiterhin von Bedeutung – allerdings spielen Öl und Gas durch die großen Vorkommen in einzelnen Ländern eine sehr wichtige Rolle in der Energiematrix – wie z.B. in Ecuador. Für deutsche Unternehmen wurde betont, es sei wichtig die schwankenden Entwicklungen auf dem Energiemarkt realistisch einzuschätzen und „durchzuhalten“.
Den 70. Lateinamerika-Tag beschloss der Vorstandsvorsitzende Bodo Liesenfeld und kündigte bereits den Austragungsort für 2020 an: Im kommenden Jahr werden wir uns in Stuttgart wiedersehen.